Geoelektrische Verfahren

Geoelektrische Widerstandsmessungen nutzen die elektrischen Eigenschaften der Gesteine. Jedes Gestein setzt der Ausbreitung eines elektrischen Stromdichtefeldes einen Widerstand entgegen: Den sog. materialspezifischen wahren elektrischen Widerstand. Die Abb. 1 gibt dazu einen Überblick.

Die Fernwirkung eines geoelektrischen Spannungsfeldes im Untergrund wird durch ein an der Erdoberfläche künstlich erzeugtes elektrisches Feld hervorgerufen, das die Gesteine des Untergrundes entsprechend ihrer spezifischen Leitfähigkeit unterschiedlich durchdringt. Eine der Aufgabenstellung angepaßte Meßauslage kann die Leitfähigkeit - besser ihre örtliche Änderung im Verlauf einer Meßlinie - durch geeignete Sensoren direkt erfassen.

Abb.1: Spezifischer elektrischer Widerstand von Lockersedimenten und Erden. (mit frdl. Gen. von Big-M, Greifswald)

Die elektrischen Eigenschaften der Böden sind durch den spezifischen elektrischen Widerstand der Materialien selbst sowie des Wassers ihrer Porenräume (Elektrolyt) charakterisiert, im Fall von Wassersättigung, nahezu ausschließlich durch den Elektrolyten bestimmt.

Aus Messungen der Potentialdifferenz der Spannungsverteilung an der Erdoberfläche wird der scheinbare spezifische elektrische Widerstand abgeleitet, so daß Aussagen zur möglichen Gesteinsart und zur Schichtmächtigkeit erhalten werden.

Geoelektrische Tiefensondierung

Meßverfahren

Abb. 2: Beispiel für eine charakteristische Deformation der elektrischen Potentiallinien an der Erdoberfläche durch eine in 10 m Tiefe beginnende Schicht mit geringerem elektrischen Widerstand. (mit frdl. Gen. von Big-M, Greifswald)

Bei der Erzeugung eines künstlichen elektrischen Feldes werden die Potentiallinien des Stromfeldes an der Erdoberfläche durch die im Untergrund auftretenden Veränderungen des spezifischen elektrischen Widerstands deformiert (s. Abb. 2). Mit zunehmender Tiefe der Widerstandsänderung nimmt der Abstand vom Ursprung des Potentialfedes zu. Bei der Anlage der Messungen ist daher eine ausreichende Auslagenlänge vorzusehen.

Das Schlumberger-Verfahren ist eine geoelektrische Vierpunkterkundungsmethode, bei der in symmetrischer Meßanordnung, bezogen auf den Meßpunkt, zwei Elektroden im Abstand L der Stromeinspeisung dienen, während über zwei Sonden im Abstand a die Potentialdifferenz an der Erdoberfläche gemessen wird. Während man die Sonden möglichst in ihrer Position beläßt, werden die Elektroden nach jeder Messung auf einer gedachten geraden Linie versetzt. Bei zunehmendem Abstand der Einspeisepunkte erreicht man mit Hilfe des veränderten Stromdichtefeldes an der Erdoberfläche die Abbildung der Schichtung auch aus größeren Tiefen. Man spricht von einer Vergrößerung der Wirkungstiefe. Eine Vergrößerung des Sondenabstandes a wird erst vorgenommen, wenn die gemessene Potentialdifferenz meßtechnisch nicht mehr sicher erfaßt werden kann.

Das Meßprinzip der geoelektrischen Prospektion besteht nun darin, das elektrische Potentiallinienbild an der Oberfläche mit der Sondenmeßanordnung bei konstanten Elektrodenabstand abzutasten und die Messungen jeweils nach schrittweisem Vergrößern des Abstandes erneut vorzunehmen. Das jeweilige Meßergebnis bei geschichtetem, inhomogenem Untergrund ergibt nicht die petrophysikalische Kenngröße einer einzelnen Schicht, vielmehr wird je nach Wirkungstiefe jeweils ein mittlerer Widerstandswert erhalten, den man als scheinbaren spezifischen Widerstand bezeichnet. Bei der Schlumberger-Anordnung wird er als Funktion der Tiefe bezüglich des Meßpunktes für die jeweilige Sonden-Elektrodengeometrie von L/2 ermittelt und als Sondierungskurve dargestellt.

Auswertung

Die Sondierungskurve beinhaltet alle Informationen über die Widerstandsverteilung und die Schichtmächtigkeiten unter dem Meßpunkt. Die Darstellung in doppeltlogarithmischem Maßstab kann als ein Maß für das Auflösungsvermögen der Methode angesehen werden. Prinzipiell muß eine tieferliegende Schicht dazu entweder in gleichem Maße mächtiger sein als eine entsprechend flacher liegende, um im Kurvenbild gleichermaßen zum Ausdruck zu kommen oder die Widerstandsunterschiede zwischen den Schichten müssen entsprechend ausgeprägt sein. Die Praxis zeigt oft eine Kombination dieser Art.

Bestimmte Schichtfolgen mit verschiedenen Widerstandswerten lassen sich zwar einzelnen Typen von Sondierungskurven zuordnen. Aber selbst innerhalb eines Sondierungskurventyps können unterschiedliche Widerstands- und Mächtigkeitsverteilungen (Widerstandskontraste) im Untergrund eine äquivalente Potentialverteilung an der Erdoberfläche hervorrufen, so daß die geologische Interpretation einer Sondierungskurve immer mehrdeutig ist.

Die Sondierungsmessungen können verschiedenen Einflüssen unterliegen, deren Phänomene die Ergebnisqualität zu beeinflussen in der Lage sind. Näheres dazu soll in den Kapiteln Meßergebnisse und Interpretation an Hand konkreter Meßkurven exemplarisch behandelt werden.

Iterative Lösungsverfahren berechnen aus der Sondierungskurve im ersten Schritt ein vorläufiges, dem Kurventyp ähnliches Widerstands-Tiefenprofil mit seiner zugehörigen Modellkurve. Durch Variation des Modells innerhalb der Grenzen der Äquivalenz der Lösungen, die durch den Widerstandskontrast gegeben sind, wird eine schrittweise Annäherung der Modellkurve an die gemessene Sondierungskurve solange vorgenommen, bis eine gute Näherungslösung erreicht wird. Gleichwohl bleibt die geologische Interpretation bei komplizierten Lagerungsverhältnissen darauf angewiesen, einen zutreffenden, auf den Bohrungsergebnissen beruhenden Widerstandsansatz zugrunde zu legen, mit dem Ziel, die Lösungsvielfalt entscheidend einzuengen oder gar aufzuheben (s. Abb. 3).

Sondierungen sollen nach zwei Kriterien, zuerst qualitativ, d. h. nach Güte und Eindeutigkeit ihres Meßergebnisses und danach quantitativ beurteilt werden. Das zweite Kriterium soll, soweit wie möglich, durch Vergleich des Interpretationsergebnisses mit dem Bohrprofil bewertet werden und dort, wo dieser Vergleich nicht gegeben ist, durch Plausibilitätsbetrachtungen ersetzt werden.

Abb.3: Ergebnis der Auswertung einer Sondierungskurve

Interpretation

Die Meßergebnisse der geoelektrischen Feldmessungen sind aus der Sicht des Geophysikers nur eindeutig zu beurteilen, wenn die berechneten Widerstands-Tiefenprofile der Sondierungen den geologischen Schichtprofil im Wesentlichen entsprechen. Eine Deckungsgleichheit ist selten zu erreichen und auch nicht zu erwarten, zumal die physikalischen Schichtgrenzen nicht völlig mit den geologischen Grenzen übereinstimmen.

Die Interpretation erfolgt auf der Grundlage der Bewertung der Einzelmessungen und ist darauf ausgerichtet, aus den nunmehr vorhandenen Einzelinformationen zu einem flächenhaften Gesamtbild der Lagerstätte zu gelangen. Dies gelingt nur durch Zusammenfassung ähnlicher Widerstandswerte unter Berücksichtigung der Gesteinsart und ihrer Tiefenlage.

Geoelektrische Kartierung

Abb. 4: Verteilung des scheinbaren spezifischen elektrischen Widerstandes in eiszeitlichen Schmelzwassersedimenten. (mit frdl. Gen. von Big-M, Greifswald)

Die geoelektrische Kartierung wird auf Profillinien, vorzugsweise Parallelprofilen zwecks flächenhafter Erfassung vorgenommen. Der scheinbare spezifische Widerstand wird für eine konstante Wirkungstiefe, gemäß der Meßanordnung erfaßt. In der Mitte der Abb. 4 ist eine bis zu 200 m breite, mit Sand angefüllte Schmelzwasserrinne zu erkennen, die sich ostwärts auf 50 m Breite verengt. Höhere Widerstände (> 250 Ohm*m) deuten auf Kies.

Geoelektrische Tomographie

Meßverfahren

Geoelektrische Tomographie-Messungen werden auf einer Profillinie mit einer gleichabständigen Elektrodenauslage vorgenommen (s. Abb. 5). GEOTOM® stellt eine Kombination aus geoelektrischer lateraler Kartierung und gleichzeitiger Vertikalsondierung dar. Das Verfahren zeichnet sich durch vielfältige Einsatzmöglichkeiten und Flexibilität in der Handhabung aus. Methodisch verfügt es über herausragende Eigenschaften bei der Erfassung von Detailstrukturen des Untergrunds.

 

Abb. 5: Beispiel der Meßgeometrie

Abb. 6: GEOTOM-
Meßauslage

Abb. 7: GEOTOM-
Messung mit IMPETUS-12F

Das Aufnahmesystem besteht aus dem Meßcomputer IMPETUS-12Fâ, den Meßkabeln mit Abgriffen im Abstand von 0,5 m, 1 m, 2 m, 5 m bzw. 10 m und 12 Stahlelektroden (s. Abb.6 - 7). Die 3-Punktmethode der geoelektrischen Tomographie verwendet 11 Elektroden für die Meßauslage (A5 bis N5). Diese werden gleichabständig auf der Profillinie in den Boden gesteckt. Die 12. Elektrode wird als Speise-Offset-Elektrode in einiger Entfernung vom Untersuchungsgebiet aufgestellt.

Die Profilelektroden werden nacheinander als Quellelektroden bzw. als Potentialsonden genutzt, die geoelektrischen Meßwerte am jeweiligen Mittelpunkt der Anordnung M für fünf verschiedene Wirkungstiefen T1 bis T5 erfasst. Jede einzelne Messung wird mit je zwei umgepolten Außenelektroden wiederholt, bevor die Meßdaten im internen Datenspeicher des Geräts gespeichert werden. Noch während des Meßprozesses kann die letzte Elektrode A5 entfernt, in Meßrichtung erneut aufgestellt und angeschlossen werden. Auf diese Weise schreitet die gesamte Meßanordnung und mit ihr die Datenerfassung zügig voran. Aufgrund der Meßgeometrie entspricht die halbe Auslagenlänge der erreichten geoelektrischen Wirkungstiefe und der jeweilige Elektrodenabstand dem Auflösungsvermögen der Meßanordnung. Die Mittelwertbildung der gestapelten Ergebnisse jeder Meßrichtung ergibt eine symmetrische Abbildung mit kontrollierter Genauigkeit. Der entscheidende Vorteil des 3-Punktverfahrens in dem zu erzielenden fokussierenden Effekt, der zu schärferen Abgrenzungen der Widerstandskontraste führt.

Datenbearbeitung

Potentialmethoden liefern eine nichtlineare Abbildung der Widerstandsverteilung zwischen Quelle und Feld. Die Porosität der Böden und der spezifische elektrische Widerstand der Porenflüssigkeit bestimmen wesentlich Form und Struktur des Stromdichtefeldes, da es sich in teilgesättigten Böden bereits überwiegend durch die Porenräume ausbreitet.

Daher entspricht weder die geometrische Wirkungstiefe der wahren Wirkungstiefe, noch kommt der scheinbare spezifische dem wahren spezifischen Widerstand eines Bodenelements gleich. Wird doch bei Potentialmessungen der physikalische Zusammenhang zwischen Quelle und Feld nichtlinear abgebildet.

Korrigiert man die geometrisch bedingte Verzerrung der Meßwerte und unterzieht sie zusätzlich einem Inversionsprozess in Form zweidimensionaler Transformationsalgorithmen, so werden die Daten in wahre Tiefenwerte und wahre spezifische Widerstände umgewandelt.

Ausgehend von einem Startmodell wird nach iterativer Modellanpassung, d.h. durch Verstärkung vorhandener Widerstandskontraste, ein zweidimensionales, weitgehend tiefen- und widerstandsgerechtes Untergrundmodell mit senkrechter Schnittfläche, ein sogenannter Vertikalschnitt erzeugt.

Ist ein räumlicher Zusammenhang zwischen zusammenhängenden Strukturen herzustellen, die auf einzelnen parallelen Vertikalschnitten erkennbar sind, so gelingt diese Veranschaulichung, wenn die Profile in ausreichend engem Parallelabstand vermessen wurden. - Ausreichend in dem Sinne, daß das durch den entsprechenden Meßpunktabstand zu erzielende Auflösungsvermögen diesen Anforderungen genügt. -

Aus den zugeordneten Werten einer Wirkungstiefe aller Vertikalschnitte läßt sich ein horizontal gerichteter Tiefenschnitt eben dieser Wirkungstiefe konstruieren. So stehen nach diesem Bearbeitungsschritt bzgl. der Wirkungstiefen maximal fünf flächenhafte Darstellungen für die Auswertung zur Verfügung.

Horizontalschnitte unterschiedlicher Wirkungstiefen s. hier:

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